Nun ist die Welt wieder mal nicht untergegangen. Schade eigentlich! Wer das sagt? Ich, das Apfelbäumchen. Das von Martin Luther. Ihr erinnert Euch nicht? Hat er mal gesagt: „Wenn ich wüsste, dass morgen der jüngste Tag wäre, würde ich heute noch ein Apfelbäumchen pflanzen.“
Zugegeben: lauter Konjunktive. Deswegen bin ich ja auch ein introvertiertes Apfelbäumchen. Natürlich habe ich auch eine extravertierte Seite: das weiße Blütenkleid im Frühling, die „Schallfrequenz der kleinen Sendestationen“ in meiner Krone, die herbstlich rotbackigen Früchte inklusive der großmütterlichen Weisung „Iss Äpfel, Kind, die sind gesund!“… und was der Mensch sonst noch so als Projektionsfläche für seine Sehnsüchte benötigt.
Doch, doch, der Mensch hat auch eine introvertierte Seite. Aber meist hat er keine Zeit ihr zu begegnen, weil er sich mit alberner Ernsthaftigkeit dem hektischen Treiben des Alltags hingibt, der Jagd nach dem Glück oder aber verzweifelt an den grauen Schwestern Morgen und Sorgen oder er versinkt im Gestern, in dem alles besser war.
Deswegen sage ich: schade eigentlich!
So ein kleiner Weltuntergang hätte eine Chance bedeutet. Klar, die Kümmerer bereiten sich vorsichtshalber auf den nächsten Untergang vor und die Blogosphäre witzelt selbstgefällig weiter vor sich hin. Die Chance aber einmal innezuhalten und euch klar zu machen, dass morgen immer der 21.12. ist, ja sogar die nächste Stunde, der nächste Wimpernschlag, dann versäumtet ihr eines nicht, nämlich zu leben, hier und jetzt, in diesem einen Augenblick, der jetzt gerade vergeht, um etwas völlig Neuem Raum zu geben.
Das hat Witz, nicht wahr, und macht Sinn. Deswegen wünsche ich, das nie gepflanzte Apfelbäumchen, Euch, macht etwas Sinnvolles. Werdet „Vollender des Menschseins, vom Sinnlichen bis zum Übersinnlichen“.
Euer Apfelbäumchen
Gezeichnet (ganz extravertiert)
Hanswerner Herber