Schneller, Höher, Weiter
Nein, hier geht es nicht um olympisches Gold, geschweige um den ehemals ehernen olympischen Gedanken. Zu schnell ist er schmutzig geworden durch einen falsch verstandenen Fortschrittsglauben. Fortschritt! Um jeden Preis! Mitunter, ach was, fast immer, ist Fortschritt auch Fortschreiten von sich selbst.
Nein, wir werden hier keine Retro-Romantik pflegen. Aber die Unkultur des „Mehr, mehr!“ wollen wir doch deutlich in Frage stellen.
Die Gier in der Gesellschaft nach mehr Geld, mehr Boni, mehr Freiheit, mehr Gesundheit – und zwar in konsumierbarer Form – führt in einen Teufelskreis. Ich vergleiche, ich habe zu wenig, ich brauche mehr. Mehr haben zu wollen, statt in einem stetigen Werden zum Hiersein und zum Jetztsein zu gelangen, konfrontiert mich letztlich mit meiner Leere. Die meisten der gegen tatsächlich oder vermeintlichen Mangel angeboten Rezepte, sind jedenfalls untauglich, weil sie wiederum die „Mehr“-Ideologie bemühen.
Jeder fünfte Mitarbeiter in der deutschen Wirtschaft hat innerlich gekündigt, so eine aktuelle Gallup-Umfrage. Nur jeder siebte hat eine emotionale Bindung an sein Unternehmen. Burn-Out ist die Folge. Dennoch wird die Latte der zu erzielenden Gewinne immer höher gelegt. Gerade in helfenden, sorgenden, unterrichtenden Berufen wird vergessen, dass die Leistungen von menschlicher Arbeit abhängig sind.
Die Frage ist: Wie wird mit diesen Menschen umgegangen? Wie erleben sie ihre Arbeitsumgebung? Restriktiv? Repressiv? Ein menschenverachtendes, kaltes Wettbewerbssystem? Wird jedes Nachlassen zum K.O.-Kriterium? Wird jede Herausforderung als Risiko gesehen, das potenzielles Scheitern in sich trägt?
Probleme sind Chancen in Arbeitskleidung. Kann ich so weit fortschreiten, die nicht mehr zu erfüllenden Anforderungen als Herausforderungen, als Chance zu begreifen?
Das erfordert eine kulturelle Wandlung, einen Mut sich dem Mainstream der herrschenden Wertekultur fragend entgegenzustellen.
Wir laden Sie zum Stöbern auf unseren Seiten ein. Mag sein, dass Ihnen etwas begegnet, das Sie die Hetze des „Schneller, Höher, Stärker“ für einen Moment unterbrechen lässt. Mag sein, dass Sie angeregt werden Ihren Wertekatalog zu überdenken und neu zu ordnen.
Hanswerner Herber