„Meditationen des Chronisten in der Nacht des heiligen Silvester“ oder
Die Axt im Haus erspart die Pumpgun
Noch schnell was Böses zum Jahresende. Tut mir leid, muss sein.
Also Silvester! Todestag des gleichnamigen Papstes und Dokumentenfälschers (Konstantinische Schenkung). Böllern, Bleigießen, Neujahrskater vorbereiten und um Mitternacht das wehrlose Telefon malträtieren, „Ja, Mutti, dir auch!“ oder wie immer man böse Geister vertreibt.
Hat natürlich alles nichts mit dem Namensgeber (Hl. Silvester will mir einfach nicht über die Lippen) zu tun, sondern mit Übergangsritualen (siehe Abi, Hochzeit, Geburtstage oder eben auch Jahreswechsel). Jeder Neuanfang bietet Vorfreude, aber auch Befangenheit oder gar Furcht. Und deswegen ist gemeinsames Feiern und Auld Lang Syne um Mitternacht die gemeinsame Versicherung, dass auch die Klippe von 2012 nach 2013 geschafft wird…
…und dass auch im nächsten Jahr nicht nur geböllert, sondern auch geballert wird.
Solange die Welt die Dualität nicht überwunden hat – gemach, gemach, wir sind erst in der Halbzeit der Evolution – wird es Gewalt geben. Dass die NRA zwingend dazugehört, entlockt mir ebenfalls kein entsetztes Aufstöhnen. Aber mir wird kotzübel, wenn „Freunde von Freunden“ dermaßen lapidar behaupten, dass eine Verschärfung der Waffengesetze „eben auch nichts bringen“.
Ich versuche es mir vorzustellen: In mir reift die Absicht meinem Leben ein Ende zu setzen, dabei möglichst viele Mitmenschen mitzunehmen. Zugegeben, ein Schnellfeuergewehr, wäre nicht nur effizienter, sondern würde mir bei der Überwindung der Hemmschwelle entgegenkommen. Aber so die blanke Axt in der Faust – ich weiß nicht; tja vielleicht überlege ich es mir noch einmal. Aber nein, ich will nicht kneifen, schließlich laufe ich ja Amok und habe allen menschlichen Regungen abgeschworen. Und wie „Freunde von Freunden“ richtig bemerken: es geht ja auch mit Feuerzeug und Haarspray.
Ja! Jaaaa! – Aber eben nicht so effizient. Ein Luftgewehr muss Schuss für Schuss nachgeladen werden. Und die Axt muss wieder und wieder erhoben werden. Und jetzt wünsche ich Mr. Wayne Lapierre und den „Freunden von Freunden“, dass sie sich einer winzigen mentalen Übung hingeben: Bringt Euch ich einen entspannten Zustand, atmet, und geht – voller Blickkontakt – auf jedes Opfer zu – traut euch, ihr seid ganz sicher Gesandte einer höheren Idee! – dann erhebt den Arm, schlagt zu, hört das Geräusch berstender Schädeldecken – ja etwas Blutrausch ist völlig okay – und nochmal und – tja, jetzt ist´s vorbei, jetzt hat´s euch von den Füßen geholt, jetzt seid ihr überwältigt.
Natürlich kann man auch Schul-Sheriffs einstellen und diese bewaffnen. Selbstverständlich mit Schnellfeuergewehren mit eingebauten Kollateralschadensmöglichkeiten.
Natürlich wird der Amoklauf durch Gesetzesänderung nicht verhindert, liebe Freunde von Freunden, aber erschwert. Glaubt ihr nicht? Dann habt ihr die mentale Übung nicht gewissenhaft durchgeführt.
Ach ja, fröhliches Böllern!
Hanswerner Herber