Trost in Leid zu bringen, und Hoffnung in Verzweiflung, dass, wissen wir, ist nicht einfach. Heinz Neger hat einmal das Lied gesungen: „Heile, heile Gänschen, es ist bald wieder gut.“ Ein altes Lied, aber es hat so manchem Kind geholfen, als es in Not war – aufgeschlagene Knie, geärgert werden, eine schlechte Note, zerbrochenes Spielzeug. Dabei war es vermutlich nicht der Text, der geholfen hat, sondern die Nähe desjenigen, der es gesungen hat. Bei Mutter oder Vater auf dem Schoss, geborgen in Armen, die einen halten und schützen, da wird der Schmerz kleiner.
Das Leben hielt schlimmere Schicksalsschläge bereit, als das aufgeschlagene Knie oder das zertrümmerte Spielzeug und mit Heile, heile Gänschen war es dann nicht mehr getan.
Wir wissen ja selbst. Worte allein trösten und helfen recht wenig, ja manchmal geht es mir so, dass viel zu schnell Worte des Trostes gesprochen werden, dass viel zu wenig darauf eingegangen wird, wie sehr ein Mensch auch leidet, wie sehr ein Mensch auch schwer trägt an mancher Last des Lebens, wie sehr ein Mensch immer wieder Schmerz aus längst erlittenen, scheinbar nie richtig heilenden Wunden empfinden kann. Wie viele Menschen gibt es, für die der Schmerz oder die Trauer ein halbes Leben lang schon dauert?
Mit „Kopf hoch, das Leben geht weiter! Es muss ja weitergehen! Es wird schon wieder werden! Lass dich nicht unterkriegen!“, oder mit ähnlichen lieb gemeinten Worte ist oft wenig getan. Die Zeit heilt alle Wunden, sagt man. Die Zeit vermag einiges, sie lässt vieles in den Hintergrund treten und manches auch vergessen, nur eines vermag sie ganz bestimmt nicht: Die Wunden zu heilen. Heilung bedarf mehr als nur Zeit. Der Schmerz über das Erlittene mag mit der Zeit aus dem Zentrum des Empfindens in die Peripherie wandern. Dort ist er weniger, kaum noch, gar nicht mehr wahrnehmbar. Aber die ursprüngliche Verletzung oder Kränkung ist damit nicht geheilt.
Da bedarf es nicht der Worte, sondern des Wortes.
Darüber bald mehr…
Hanswerner Herber