Tod ist Stillstand, Leben ist Bewegung…
…und so schreiten, gehen, hetzen, latschen, tanzen, taumeln, schleichen wir durchs Leben, ernst und heiter, forsch und verzagt, lachenden und weinenden Auges, gierig und abgeklärt, mal im Krebsgang, mal im Kreis und „des Weges Weite gibt des Schrittes Maß“.
Mitunter halten wir kurz inne, um uns zu orientieren, um zu rasten und dann erneut aufzubrechen. Manchmal, so hat es den Anschein, dass wir uns verirrt haben. Manche werden dann mutlos, andere planen die Irrwege mit ein und verleihen dem Weg Würze, schließlich sind Umwege auch Wege.
Manche glauben endlich angekommen zu sein, lassen sich nieder und finden doch keinen Frieden. Der Wunsch, der Unsicherheit des Weges, wird mit der Scheinsicherheit des „endlich“ bezahlt. „Kaum sind wir heimisch einem Lebenskreise und traulich eingewohnt, so droht Erschlaffen, nur wer bereit zu Aufbruch ist und Reise, mag lähmender Gewöhnung sich entraffen“, sagt Hermann Hesse .
„Ein jeder Schritt, den wir zu dieser Stunde nach einem unbestimmten Ziele machen, ist für uns belangreicher, als die tausend Meilen, die wir dereinst zu einem glänzenden, aber verjährten Siege machten“, versuche ich mich mit Maurice Maeterlinck (Von der inneren Schönheit) zu überreden, um weiter an der Tastatur sitzen bleiben zu können, aber…
…vor mir sitzt meine junge Hündin. Sie schaut mich unverwandt an. Ihr Blick ist tückisch, ich weiß es genau, und voller Verachtung: „An trockenen Schreibtischen über Schritte zu philosophieren, mein Lieber, ist eines, sie zu tun, das ist…“
„Ich komm‘ ja schon“, grummele ich, dann schlupfe ich in die Stiefel. Rückwärtsgang. Schublade öffnen. Schrittzähler. Ich befestige ihn am Gürtel.
Wenn wir zurück sind, werde ich ihn ihr um die Ohren hauen.
Hanswerner Herber