Harilal Poonja fragte einmal einen seiner Schüler: „Wo hast du den Frieden her, da du doch im Moment vorher unruhig und aufgeregt warst?“ Der Schüler antwortete: „Ich habe nachgesehen.“ Sri Poonja sagte: „Ja. Das hast du vorher nicht getan. Nach Millionen Jahre voll Aufregung und Unruhe siehst du nach und findest Frieden.“
„Ich habe nachgesehen.“
Wo? Im Bad? In der Küche? Am Kiosk an der Ecke? In der Kirche? Im Wald? – Mutmaßlich werden wir kein wirklich angemessenes AUSSEN finden. Wie in so vielen Weisheitsbüchern aller Kulturen und aller Zeiten wohl auch hier ein Hinweis auf das INNEN, in dem ja alles bereits angelegt ist. Hier und jetzt, in diesem einen Atemzug steht es uns zur Verfügung. Wir müssen halt nur mal eben nachschauen. Mal eben. Was hat mal jemand über Zazen gesagt, also über das meditative Sitzen in der Stille?
Very simple, but not easy!
“Ein meditativer Geist”, so sagt Jiddu Krishnamurti, „ist still. Es ist nicht die Stille, die man mit Denken erfassen kann; es ist die Stille, in der das Denken – mit all seinen Bilder, seinen Worten und Wahrnehmungen – vollkommen aufgehört hat.“ Und im Evangelium findet sich der Hinweis „Wenn ihr betet, sollt ihr nicht viel reden.“ (Mt. 6,7)
Wie nahe sich hier buddhistisches und christliches Gedankengut sind, sieht man an der Wortverwandtschaft des griechischen Wortes für Gebet prosefhi (προσευχή) und Vorsicht, Aufmerksamkeit, Achtsamkeit prosohi (προσοχή). „Wachet und betet!“ (Mt. 26,41)
Wie oft begegnet man der irrigen Annahme, es gehe um Entspannung (am besten im Liegen und mit Musik), die aber bei besten Willen und aller Anstrengung nicht eintreten wolle.
„Wenn aber du betest, so geh in deine Kammer, schließ´ die Türe zu und bete zu deinem Vater im Verborgenen“, heißt es bei Matthäus (6,5).
Also Rückzug aus dem Getöse der Welt, Stille, Abkehr von den Zehntausend Dingen, Ort der Stille, Einkehr in die Krypta meines innersten Innen. Guha bedeutet im Sanskrit Herzenshöhle.
Wenn wir Stille suchen, müssen wir selbst still werden, und das geht nur, wenn wir nachsehen im Verborgenen, dort, wo es schon immer geborgen ist.
„Im Stillen liegt eine wunderbare Macht der Klärung,
der Reinigung, der Sammlung auf das Wesentliche.“
(Dietrich Bonhoeffer)
Ein anderes Wort für Meditation ist Kontemplation. Die Tempel im Alten Rom konnten vielfältig genutzt werden. Aber wenn das Weihebild des Gottes hereingetragen wurde, dann war man mit ihm in seinem Haus. So erhebend der Anblick einer gotischen Kathedrale sein mag und so werbewirksam sie dem Machterhalt der Institution dienlich ist, so darf sich doch jeder fragen, ob er sich nicht inwendig am nächsten ist.
Hanswerner Herber