Mühlengeschichte

Geschichte der Mühlen- und Lagergebäude  der Anton Lippe KG

Am Anfang war der Mühlenstein …

So beginnt eine kleine Schrift zum 100-jährigen Bestehen der Anton Lippe KG aus dem Jahre 1950 und will damit sagen, dass die Ursprünge der Mühle im Altenautal weit länger zurückliegen.Im Jahre 1030 schenkte Kaiser Konrad II. seine Besitzungen in Atteln und Etteln, zu denen auch die „Mühle im Altenautal“ gehörte, dem rührigen Bischof Meinwerk. 1580 berichtet die Chronik von einer Kornmühle, die „in Kirchborchen sich drehd dorch zween Räder, item zween Glinden, so das Wasser in dem Bächlein aufbullern.“

Von da an findet man die Besitzer der Mühle in den Registern. 1884 kaufte Carl Lippe die Mühle von Hubert Hoeken, mit dem er bereits durch verwandtschaftliche und geschäftliche Beziehungen verbunden war. Damit erhielt sie den Namen „Mühlenwerke Anton Lippe“ und wurde mit dem 1850 von Karls Vater gegründeten landwirtschaftlichen Betrieb vereinigt.

Schon Hubert Hoeken hatte für die Erweiterung des Mühlenbetriebes gesorgt. Als die Wasser der kleinen Altenau nicht mehr ausreichten, wurde 1874 eine Dampfmaschine angeschafft, die von nun an mit scheinbar unbegrenzter Dampfkraft gemeinsam mit der Wasserkraft das Räderwerk der Mühle antrieb.Das fertige Mehl wurde auf Pferde- und Ochsenfuhrwerken nach Paderborn gebracht und von hier aus an die Bäckereien geliefert.

Erwähnenswert ist, daß die alte Mühle und der angrenzende Gailworthhof einst zusammen gehörten. Hubert Hoeken schenkte ihn den Vincentinerinnen, die dort ein Alters- und Erholungsheim bauten, das heute noch besteht.

Der Betrieb wuchs. 1906 wurde ein Mittelbau errichtet, 1916 entstand ein großes Getreidesilo, ergänzt durch eine Trocknungsanlage. Schon in den zwanziger Jahren nach der Kriegs – und Inflationszeit wurden Ochsen und Pferde durch Lastautos ersetzt.

Am 19. Juli 1936, als man in Paderborn die „translatio Santi Liborii“ feierte, gingen um 19.00 Uhr plötzlich die Sirenen:

„Lippen‘ Mühle in Kirchborchen brennt!“

Ein Großfeuer vernichtete den gesamten Betrieb. Nur das Getreidesilo und das hintere Lagerhaus standen noch am nächsten Morgen angeschwärzt in den rauchenden Trümmern. Carl Lippe, der Enkel und selbst schon im 65. Lebensjahr, hatte nun die schwere Aufgabe des Wiederaufbaus zu erfüllen.Am 19. September 1936 wurde der Grundstein gelegt. Es entstand ein modernes Mühlenwerk.

Ausgangssituation zur Umnutzung

Bedingt durch familiäre Interessen, auf dem Gelände der Lippe KG zu wohnen, sprach die Familie Ewers/Stachowitz im Sommer 1996 das Architekturbüro Völse in Borchen an, eine Gesamtplanung für das Gelände der Mühlenwerke in Borchen zu entwickeln.Dabei stand zunächst der Wunsch im Raum, die gesamten Gebäude abzureißen und einen Neubau zu errichten. Dies wurde jedoch durch das Architekturbüro angesichts der historischen und einmaligen Gebäudesubstanz der Bruchsteinkornspeicher verhindert. So entstand allmählich der Plan, die Speicherböden zu Wohnungen und Büroflächen umzunutzen.

Dabei war das erst 1984 errichtete Silogebäude im Süden der Anlage und der danebenstehende Hochsilo im Wege – eine sinnvolle Nutzung konnte angesichts der Silokammern auch nicht gefunden werden. Allerdings war inzwischen wieder eine intensive Getreidelagerung in den funktionstüchtigen südlichen Silos in Betrieb.

Familie Ewers entschloss sich angesichts des umfangreichen Bauvolumens einen Investor für das Objekt zu finden, den sie im Jahre 1998 in dem Borchener Sanitär- u. Heizungsbaumeister und Unternehmer Heinrich Leifeld fand. Herr Leifeld zeigte für die Kombination von Erhaltung historischer Bausubstanz in Verbindung mit modernen Wohn- und Bürobedürfnissen großes Interesse.

Im Dezember 1998 stellte das Büro Völse & Rath für das Objekt einen umfangreichen Bauantrag, ebenso für die nebenstehende Wagenremise, welche zu einem privaten Wohnhaus für Herrn Leifeld umgebaut wurde.

Ebenfalls in 1998 beantragte der neue Besitzer die unter Denkmalschutzstellung des gesamten Gebäudeensembles, welcher das Westfälische Denkmalamt in Münster stattgab.

Im Januar 1999 begann der Abriss der südlichen Siloanlagen und legte nun die gesamte Schönheit des Bruchsteinkornspeichers frei – insbesondere die Belichtungssituation veränderte sich sehr zum Vorteil, wie auch der Anblick von Süden.

Das eigentliche historische Lagergebäude steht nun wie ein Solitär selbstbewusst in der Landschaft, befreit von unmaßstäblichen Anbauten, vor dem Hintergrund des Felsvorsprungs zum Hessenberg.

Anregungen durch Beispielobjekte

In vielen Städten Deutschlands und auch anderen Staaten stehen im Zuge des Umbruchs der Industriegesellschaft Betriebsgebäude, Bürobauten oder auch ganze Industriekomplexe leer. Während man früher deren Abriss favorisierte, zeigt es sich durch gelungene Beispielobjekte, welches Potential an Fläche, Standortvorteil und historischen Charme ein altes Gebäude aufweist.

Das sich eine Umnutzung auch betriebswirtschaftlich rechnet, beweisen die umgesetzten Objekte. Einen entscheidenden Beitrag hat die IBA – Emscherpark zur Rettung einiger Industrie- und Zechengebäude geleistet. In ihnen ist neues Leben eingekehrt, als Restaurant, Büro, Museum oder Wohngebäude, z.T. zeigt auch die Ansiedlung von High-Tech Unternehmen den positiven Wandel der Kohleregion Ruhrgebiet.

In vielen Städten Deutschlands und auch anderen Staaten stehen im Zuge des Umbruchs der Industriegesellschaft Betriebsgebäude, Bürobauten oder auch ganze Industriekomplexe leer. Während man früher deren Abriss favorisierte, zeigt es sich durch gelungene Beispielobjekte, welches Potential an Fläche, Standortvorteil und historischen Charme ein altes Gebäude aufweist.Das sich eine Umnutzung auch betriebswirtschaftlich rechnet, beweisen die umgesetzten Objekte. Einen entscheidenden Beitrag hat die IBA – Emscherpark zur Rettung einiger Industrie- und Zechengebäude geleistet. In ihnen ist neues Leben eingekehrt, als Restaurant, Büro, Museum oder Wohngebäude, z.T. zeigt auch die Ansiedlung von High-Tech Unternehmen den positiven Wandel der Kohleregion Ruhrgebiet.

Aber auch im ostwestfälischen Raum sind alte Fabriken umgenutzt worden, so z.B. eine alte Kornbrennerei in Rheda-Wiedenbrück zu Wohnungen, Restaurant und Läden. Aus zwei Kornlagergebäuden mitten in Gütersloh ist die Medienfabrik entstanden – ein besonders gelungenes Beispiel für die moderne Nutzung alter Gebäudesubstanz und dem Einsatz eines Bauherrn.Bekannt ist auch die Ravensberger Spinnerei in Bielefeld, welche zu einem Stadtteilzentrum für Weiterbildung, Kunst und Kultur umgenutzt wurde. Vor kurzem wurden dort die ehemaligen Dürrkopp Werke zu einem großem Wohn- und Büroprojekt umgebaut.

Manchen sind auch loftartige Wohnungen und Büros aus der Speicherstadt Hamburg oder den Speichern an der Themse in London bekannt, hier ist es die Größe von fast stützenlosen Räumen, welche, minimalistisch eingerichtet, manchen Bewohner und Büroinhaber reizt.

Umbaumaßnahmen an den Lagergebäuden der Lippenmühle

Das fünfgeschossige Gebäudeensemble besteht nach dem Teilabriss aus einem Längsgebäude und einem Querriegel parallel zur Straße.

Auf einer ca. 400 qm großen Teilfläche des Abrissgeländes umschließt ein als Sockel wirkender Flachbau mit Gründach den Südflügel und erstreckt sich bis zu dem alten Kamin. Die Bruchsteinwände werden in das moderne Hallengebäude integriert.
Im Süden entstanden an der Abrisskante raumhohe Glasflächen, welche einen ungehinderten Blick in die Altenau-Aue ermöglichen.Die Glasflächen können durch Schiebeelemente geöffnet werden, so dass ein vorgehängter Balkon betreten werden kann – der Innenraum wird mit zum offenen Balkon. Der gläserne Einschub bildet einen reizvollen Kontrast zum Bruchsteingebäude, indem sich hier Altes und Neues harmonisch verbinden.

Die Erschließung der Etagen erfolgt durch zwei Aufzugsanlagen und Treppenhäuser. Im Südflügel wird das vorhandene Treppenhaus genutzt und der Fahrstuhl an die Ostseite vor das Gebäude gestellt. Im Nordflügel ist in einem ehemaligen Siloschacht ein neues Treppenhaus und ein innen liegender Aufzug entstanden.

Der Ausbau der Etagen erfolgte weitgehend im Trockenbau, die stark belastbaren Holzbalkendecken mussten aus Brandschutzgründen teilweise von unten abgehängt und insgesamt mit einer Stahlbetonschicht versehen werden. Die ca. 60 cm dicken Außenwände aus Bruchsteinverblendmauerwerk wurden mit einer Innendämmung versehen, um die Wärmeschutzverordnung für denkmalgeschützte Gebäude zu erfüllen.

Dazu tragen auch die gedämmten Holzfenster innen mit einem K-Wert von 1.1 w/m2K bei. Von außen sind die alten Stahlfenster saniert wieder eingebaut worden und gewährleisten ein denkmalgerechtes Erscheinungsbild. Dieses wird insbesondere durch das steinsichtige Mauerwerk unterstützt, welches in aufwendigen Arbeitsschritten saniert wurde.

Auf allen Seiten wurden große Steinflächen ausgelöst und durch neue handgeschlagene Steine ersetzt und neu verfugt. Anschließend wurde die Fassade mit Wasserstrahl abgewaschen.

Die Dachkonstruktion wurde abgerissen und nach heutigen technischen Gesichtspunkten neu aufgebaut. Dabei ist auf eine gute Isolation und eine ausreichende Belichtung durch Atelierverglasungen Wert gelegt worden. Die Dämmung der Innenschalen vor den Bruchsteinwänden und im Dach wurde mit dem Zellulosedämmstoff Isofloc als ökologisches Material durchgeführt, welches zugleich Tauwasserschäden vermeidet.

Die Sanitär-, Heizung- und Elektroinstallation wurde technisch auf dem neusten Stand eingebracht, da das Gebäude bisher diese Technik nicht benötigte. Die moderne Gasheizungsanlage ist neben dem alten Schornstein untergebracht, in dem die neue Abgasführung liegt.

In den Büroetagen 1. OG und 2. OG wurde von den Architekten ein Hohlraumboden für eine flexible Datenverkabelung vorgesehen, wie er z.B. auch in dem Bürogebäude Technologiepark 34 vom Büro Völse & Rath eingebaut wurde. Ca. 1200 m2 Fläche der Etagen wurden mit einem Industriestäbchenparkett belegt.

Die im Erdgeschoss befindlichen Wasserkraftturbinen werden renoviert und technisch auf den neuesten Stand gebracht. Ihr Strom wird in das Netz des EVU eingespeist, eine Einspeisung in das Hausstromnetz ist technisch nicht sinnvoll.

Mit der Freiraumgestaltung war das Landschafts- und Gartenarchitekturbüro Gasse & Schumacher beauftragt worden. Dieses hat sowohl das ausreichende Stellplatzangebot wie auch die naturnahe Landschaftseinbindung erarbeitet.Die Lippenmühle hat ab Dezember 2000 ihre neue Funktion als Wohn- und Arbeitsstätte für einige Menschen aufgenommen. Auf einer Gesamtnutzfläche von ca. 2390 m2 entstanden ca.840 m2 Bürofläche und ca. 820 m2 Wohnfläche sowie ca. 330 m2 Nebenflächen und eine ca. 400 m2 große Betriebshalle. Diese Flächen teilen sich auf in 6 Wohnungen und 5 Büros.Die Büros werden von einer Softwarefirma, einem Unternehmensberater / Steuerberater und dem Architekturbüro Völse & Rath genutzt. Die dritte Etage beherbergt die Räume der Seminarorganisation individuatio.

Das Bauvolumen hat einen Umfang von ca. 6,5 Millionen.

Zum Schluss…


Wer das Gelände und das Objekt kennt und sich schon einmal mit alten Gebäuden beschäftigt hat, weiß, wieviel Zeit und auch Idealismus ein solches Objekt von allen Beteiligten erfordert. Trotzdem ist wirtschaftliches Denken nicht außen vor zu lassen.Das sich das Engagement lohnt, zeigen die umgebauten Beispiele. Trotz vieler Büro- und Wohnflächen, welche errichtet werden, geht von alten Gebäuden ein unerklärlicher Reiz und Charme aus. An einem sonnigen Tag vor und in dem Bruchstein-Ensemble der Lippen‘ Mühle zu stehen, das Licht durch die Fenster eindringen zu sehen, den Mühlengraben und die alten Bäume zu betrachten, die Ruhe und Gelassenheit zu spüren, welche das Gebäude ausstrahlt.

– Dieses Ambiente können die meisten Neubauten nicht vorweisen. Auch den hohen Wiedererkennungswert für Besucher und das Außengelände machen den Reiz für die neuen Bewohner aus.

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