Beim Frühstück
Was bleibt?
Vom Apfel das Kerngehäuse.
Vom Joghurt der Becher.
Vom Ei die Schale.
Die Krümel vom Brot.
Ein vager Ärger über die Nachrichten im Radio.
Ein klebriger Fleck von Marmelade auf dem Tisch.
Geschirr in der Spülmaschine.
Vom Kinderliedersingen ein Ohrwurm für den halben Tag.
Wie jeden Morgen.
Aber der Nachbar – der Freund – ist nicht mehr da.
Seine Stimme fehlt in unserem Chor.
Sein Lachen im Café.
Seine Lebenslust beim Feiern.
Sein Lächeln, wenn man sich auf der Straße begegnet.
Seine Herzlichkeit, seine Freundlichkeit, seine große Empathie im Gefüge der Menschen, die den kleinen Kosmos unseres Alltags bilden.
Ohne ihn wird die Nachbarschaft, wird das Leben auf unserer Straße nicht mehr dasselbe sein.
Er fehlt!
Er kommt nicht wieder.
Das Leben ändert sich so häufig, fast unmerklich. Die Freundin aus dem Studium bekommt einen Job im Süden. Die Kollegin wechselt die Stelle. Der Kurs geht zu Ende, die Menschen, mit denen man zusammen erlebt hat, zerstreuen sich wieder.
Es ist traurig, aber es ist nicht schlimm, nicht immer jedenfalls.
Der Tod ist anders. Dieser Nachbar und Freund wird nicht irgendwann einmal zu Besuch kommen. Man trifft ihn nicht zufällig. Er ist aus der Mitte des Lebens herausgerissen, zu jung!
Es ist nicht wie bei einem Familienmitglied oder engen Freund. Und doch ist diese „kleine Trauer“ immer gegenwärtig. Wie oft am Tag schleicht er sich in die Gedanken?
Vom Apfel das Kerngehäuse.
Vom Joghurt der Becher…
Jeden Tag.
Ohne ihn.
Sophia Herber