In der Vorwoche haben wir den köstlichen Dialog verfolgt, in dem Mensch von Gottes Geschenk des freien Willens befreit werden möchte (Archiv). Lassen wir uns heute anmuten von einer Reihe Gedanken zur oben gestellten Frage.
Nehmen wir den freien Willen des Menschen als gegeben hin, dann benötigen wir Normen, Maßstäbe, Regeln, damit wir sein aus dem Wollen entspringendes Handeln nach den Maßstäben von Gut und Böse bewerten können. Freiheit ist also die Voraussetzung für sittliches Handeln und die Grundlage für Gesetze und Regeln des menschlichen Zusammenlebens.
Hier winde ich mich bereits. Das Wort Moral steht im Raum und damit die Restriktion. Irgend ein Wer hat irgendein Was auf Verkündigungswert gehievt, das von einer größeren Interessengemeinschaft akzeptiert wird mit der Folge des moralischen Drucks auf mein Handeln. Freiheit?
Wenn Moral restiktiv ist, ist Ethik dann vielleicht attraktiv? Es sieht so aus. Ich binde mich an etwas, das ich anstrebe, weil es mich anzieht. Hier wurde nichts verkündet, sondern diesmal ist etwas da. Etwas Vorbestehendes? Ein Attraktor entfaltet seine Wirkmächtigkeit. Woher bezieht er seine Macht? Die Naturwissenschaften betrachten die Welt nach streng kausalen und mechanistischen Funktionsprinzipien. Selbstbestimmung hat keinen Platz in einer vollkommen deterministisch verstandenen Natur. Entscheidungsfreiheit ist nur ein Gefühl, teilt uns ein Teil der modernen Gehirnforschung mit und es bedarf keiner Maßstäbe für Gut und Böse, weil sie in Experimenten zeigt, wie das Gehirn Aktionen auslöst, bevor diese in unser Bewusstsein dringen. Beweis für unsere Determiniertheit?
„Eine freie Entscheidung wäre das Streben auf Grund einer Überlegung nach dem, was in unserer Macht liegt. Infolge einer Überlegung nämlich treffen wir ein Urteil, und unser Streben richtet sich dann nach dieser Überlegung. Unfreiwillig scheint jedoch das zu sein, was auf Grund von Gewalt oder Unwissenheit geschieht.“ Aristoteles
„Die Willensfreiheit besteht darin, dass zukünftige Handlungen jetzt nicht gewusst werden.“ Ludwig Wittgenstein
„Ein Mensch kann zwar tun, was er will, aber nicht wollen, was er will.“ Arthur Schopenhauer
„Ein Meisterstück der Schöpfung ist der Mensch auch schon deswegen, dass er bei allem Determinismus glaubt, er agiere als freies Wesen.“ Georg Christoph Lichtenberg